Inszenierungen des Ballettstudios Tenbrock in Gievenbecker Waldorfschule aufgeführt
Von Andreas Hasenkamp 3. Juli 2002 (Münster-Stadtteile)
Zwischen Frohsinn und Schlafes Bruder
Wolbecker Ballettstudio in Gievenbeck / "Die Jahreszeiten" und Bach in Szene gesetzt
Stärker könnten die zwei Themen eines Ballettabends kaum kontrastieren. Dem fröhlichen "Die Jahreszeiten" von Alexander Glasunow folgte ein geistliches Werk zu Tod und Erlösung. Das Ballettstudio Tenbrock aus Wolbeck präsentierte die Stücke mit über 140 Darstellerinnen und Darstellern am Samstagabend in der Waldorfschule in Gievenbeck.
Der Franzose Marius Petipa schuf das Ballett "Die Jahreszeiten" nach einer symphonischen Komposition des Russen Glasunow; Ingo Meichsner hatte es zum Teil neu arrangiert. So sind der Rosenwalzer und Weinmasurka aus anderen Ballettstücken eingefügt. Die Ballettschüler, von den "Schneeflöckchen" bis hin zu den Solisten, tanzten ein sinnenfrohes Spektakel, temporeich und mit fließenden Übergängen. Fröhlich und ausgelassen schloss die Weinmasurka mit Herbstfee Claudia Willers den Kreislauf der Jahreszeiten, bis es am Winter war, den Herbst zu verdrängen.
140 Darstellerinnen und Darsteller von Ballettstudio Tenbrock boten in der Waldorfschule Gievenbeck eine beeindruckende Vorstellung.
Foto:-anh-
Beim Frühling unterstrichen Maske und prächtige Kostüme das von den Tänzerinnen gezeigte Knospen und Aufblühen der Vielfalt der Natur. Hier verbanden sich Tanz und Melodie am harmonischsten. Szenisch sehr ausdrucksstark wogte der Sommer mit Fee Anneke Althoff und den verspielt-variantenreichen Tänzen der Röschen und der Vögel der Nacht. Das Ballettstudio wurde dem Anliegen Petipas gerecht, den Tanz möglichst "musikalisch" zu gestalten mit einem "Tanzorchester". Mit dem zweiten Stück, einer Choreographie zu Johann Sebastian Bachs "Komm, O Tod, du Schlafes Bruder – Tod und Trauer" stieg mit dem Themenwechsel auch der künstlerische Anspruch noch einmal. Meichsner, der eine Auswahl der Bach’schen Kantatensätze choreographiert hatte, stellte sich die Aufgabe, die Angst vor dem Sterben zu verkörpern, die Zerrissenheit des Menschen zwischen dieser Angst und dem Hoffen auf Erlösung und Paradies. Die Vorführung der höheren Schülerinnen der höheren Grade kennzeichnete eine durchgängige Einheit mit der Musik, sinnreiche szenische Umsetzung der Texte und reiche, eindrückliche Gestik. Die Waldorfschule, ein Glücksfall im spärlichen Bühnenangebot Münsters, bot zum freien Blick auch noch eine gute Akustik. Niko Moddenborg verfeinerte die Beleuchtung; mal glitten die Schatten der Nachtvögel geisterhaft über die Wände, mal stellte dezentes Licht die kargen Farben der Seelenängste heraus. Die etwa 500 Besucher im ausverkauften Saal dankten der hervorragenden Leistung mit stehendem Applaus.
Andreas Hasenkamp
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